lismen
Lisme «stricken» ist wie Anke (Wortgeschichte vom 27. November 2015) ein Wort, das im deutschen Sprachraum einzig und allein im Alemannischen vorkommt. Restlos klar ist die Wortbildung von lisme nicht, aber es gehört nach Auskunft der verschiedenen Herkunftswörterbücher zweifellos zum Wortstamm von lesen. Dieses bedeutete ursprünglich «sammeln», wie das auch jetzt noch in «auflesen», «zusammenlesen», «Trauben lesen» oder «Linsen verlesen» erkennbar ist. Die heute übliche Bedeutung – «den Sinn von Schriftzeichen erfassen» – hat lesen erst unter dem Einfluss von lateinisch legere erhalten, das ursprünglich «auflesen», dann «einer Spur folgen» und schliesslich «den Schriftzeichen folgen, lesen» bedeutete.
Lisme scheint damit ursprünglich «Fäden zusammenlesen, Fäden versammeln» zu meinen, wogegen stricke, das gegenwärtig lisme verdrängt, ursprünglich «binden, heften, flechten» bedeutete. Diese alte Bedeutung von stricke sieht man noch heute im Fachwortschatz des Holzbaus, wo e gstrickts Huus ein in Blockbauweise – mit der hierfür typischen Eckverkämmung der Balken – erbautes Haus bezeichnet.
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