Mit Feuer spielen ist gefährlich: Leicht steckt man dabei Haus und Hof in Brand. Brennt es lichterloh, ruft man laut füürioo!, um andere zu warnen. Das haben in der Deutschschweiz seit 1973 Generationen von Kindern mit dem Kasperlitheater Füürio, de Zeusli chunnt! gelernt. Früher war das Allgemeinwissen, heute ruft dagegen kaum mehr jemand füürioo. In der Not schreit man Hilfe! (ein Wort, dessen Form die Entlehnung aus der Standardsprache verrät;...
Mani Matters Hansjakobli schnaagget tifig tifig unter das Taburettli, der Bueb mit Name Fritz rennt so schnäll, dass man ihn gar nicht sieht, beim Boxmatch geits nid gschwing, denn beide Boxer stehen noch im Ring, und in einem anderen Lied singt Matter: Doch muess i ietze hurti höre, s Lob vo dr Fuulheit hie z beschwöre. Tifig, schnäll, gschwing, hurti – nur eine kleine Auswahl von Ausdrücken, die man für hochdeutsch schnell verwenden kann. Weite...
Walliser Dialekte sind die exotischsten, da sind sich in der übrigen Deutschschweiz alle einig. Hier gibt es so altertümliche Formen wie gizogu für das in den meisten Dialekten übliche zoge, hier heisst es Hiischer statt Hüüser, dem Vögeli sagt man Vogelti. Zwar gibt es auch andernorts sprachliche Besonderheiten, aber nur im Wallis (und in den Sprachinseln im Piemont und im Tessin, die von dort aus besiedelt wurden) treten sie in dieser Häufung a...
Wer in einer Partnerschaft lebt, hat es vielleicht auch schon gehört: Sag niemals «immer»! «Immer sagst du ...», «immer machst du ...» usw. kann eine Auseinandersetzung nur verschlimmern. Aber auch wer Freude hat an bodenständiger, vom Hochdeutschen unabhängiger Deutschschweizer Mundart, weiss einen Grund, niemals «immer» zu sagen – das Wort ist nämlich ein schriftdeutscher Import aus mittel- und niederdeutschen Gefilden, es war den oberdeutschen...
Unsere adventliche Wortgeschichte 2020 ist einer der Hauptfiguren der Saison gewidmet: Gott. Der einschlägige Artikel im Schweizerischen Idiotikon wurde 1887 verfasst. Bemerkenswert ist schon die Definition: «das lebendig und persönlich gedachte höchste Wesen, meistens der éine, wahre Gott des Christentums». Die erste Hälfte der Definition ist zeitlos formuliert und könnte auch in einem modernen Wörterbuch stehen; die zweite Hälfte würden wir he...
«Geschter bini z Luzärn gsi, hüt gooni uf Bärn und morn bini z Lausanne», spricht eine ältere Zugreisende ins Telefon. «Nei, nei, hinech bini am haubi achti deheime, es het mer scho nächti uf Tagesschou heiglängt», geht es weiter. «Friburg? Dört bini färn gsi, hüür wotti öppis Nöis gseh», erzählt sie weiter. Die umtriebige Rentnerin muss ein GA besitzen. Geschter, hüt, morn, hinech, nächti, färn und hüür. Mit diesen Adverbien strukturiert die Zug...
Im Ausland gilt grüezi als das Schweizer Wort schlechthin. In der Schweiz weiss man natürlich, dass man in Bern und einigen weiteren Regionen im Westen nicht grüezi, sondern grüessech sagt. Nicht allgemein bekannt ist aber selbst hierzulande, dass es Regionen gibt, wo weder grüezi noch grüessech bodenständig sind, sondern dass es stattdessen in Basel, Solothurn, Freiburg, Wallis, der Innerschweiz, dem südlichen St. Gallen und in Teilen Graub...
Schweizerdeutsch – wie auch seine alemannischen Nachbarmundarten im Oberelsass und in Südwestdeutschland – kennt nach gaa/goo «gehen» eine eigenartige Partikel, nämlich go (oder ga, ge, gi, gu) – die auch noch verdoppelt werden kann: ich gang go(ge) schaffe, go spaziere, go schlaaffe. Die Idee, dass dieses go nichts anderes sei als gaa/goo, dass also «gehen» einfach verdoppelt werde, ist alt – aber stimmt sie oder stimmt sie nicht? Ja und nein. S...
Das Wörtlein allpott brauchen wir im Zusammenhang mit «nicht periodischen Vorgängen und Zuständen, die sich in kurzen Zwischenräumen wiederholen», wie es im Schweizerischen Idiotikon heisst. Der Thurgauer Otto Nägeli schrieb 1898 etwa von einem Ruderer: Dää mues allpott verschnuufen und d Händ mit Chlopfe vertwärme. Im Büchlein «Sang und Klang» von 1899 steht: Myn Schatz chood allpott vor s Lädeli, macht: pst! ond: wo bischt? Und 1651 meinte ein ...
Wir fahren fort in unserer Serie geheimnisvoller Kleinwörter. Diesmal geht es um se, sèda, sine, sabie, selewie und Konsorten. Sèda kennen zumindest noch die Älteren unter uns. Es wird beispielsweise gesagt, wenn man einem Kind etwas reicht, und steht für «da, nimm, voilà». Im vorderen Teil des Wortes steckt ein altes germanisches Wort, das im Gotischen als sai und im Althochdeutschen als sē vorkam; es bedeutete etwa «wohlan», «nun denn». Im Schw...
Weiter geht's in unserer Serie über schweizerdeutsche Kleinwörter – dieses Mal mit ächt. Jä sette mer ächt nonig hei? schrieb die Aargauerin Sophie Haemmerli-Marti 1913, wie wirds mer ächtert gaa? der Zürcher Johann Martin Usteri 1831 und hets mi ächterscht nid lieb? der Baselbieter Jonas Breitenstein 1864. Google liefert uns hingegen fast ausschliesslich einen anderen Typus ächt, der etwa in ächt schwyzerisch, ächt Bärn, ur ächt, ächt guet oder ...
Schweizerdeutsch kennt so hübsche Kleinwörter wie aade, ächt (in: chunt si ächt?), äisder, albe, allpott, amel, ämel, amig, ase, esie, (mo)moll, notte, sèda, selewie odersobänd – wer hat sich nicht schon gefragt, woher sie stammen? In dieser Wortgeschichte fangen wir mit albe & amig an. Albe (oder aube) und amig (oder amigs) sind Geschwister: Ersteres ist im Baselbiet, im Bernbiet und im Freiburgischen zuhause, letzteres im Zürichbiet. Weiter...
Der 2. Juni ist der «International Sex Workers' Day» – weshalb unsere heutige Wortgeschichte dem schweizerdeutschen Verstärkungswort huere- gewidmet ist. Hartnäckig hält sich das Gerücht, huere in Wörtern wie huereguet oder verstärkt uuhuereguet käme von «Ungeheuer». Aber warum eigentlich? Weil nicht sein kann, was nicht sein darf? Dabei ist die Sache ganz einfach: Es liegt tatsächlich Huer «Hure» zugrunde. Verstärkungswörter sind in ihrem Urspru...
Letzthin wurde die Redaktion angefragt, warum man denn das «berndeutsche» Grusswort moin im Idiotikon nicht finde. Nun, da moin also definitiv in der Schweiz angekommen ist, darf es auch eine unserer Wortgeschichten beanspruchen! Restlos geklärt ist die Herkunft von moin nicht, doch norddeutsch ist es auf jeden Fall. Womöglich ist das Wort im Niederländischen sowie im nordwestlichen Niederdeutsch (dem zwischen Bremen und der deutsch-niederländisc...
Säit öpper öppis? oder ötschwär ötschis? etter ettis? näber näbis? eswär eswas? einwär einwas? Der schweizerdeutsche Wortschatz zeigt sich im Bereich der Indefinitpronomen «jemand», «etwas», «etwa», «irgendwo», «irgendwann» und so weiter geradezu exotisch. Das verbreitete öpper ,jemand', öppis ,etwas', öppe ,etwa' bzw. epper, eppis, eppe, das werdenbergische ötschwär, ötschis, ötsche, das Glarner etter, ettis, ette und das Walliser bzw. Walser es...
«Lozäärn hed e rüüdig schööni Fasnacht!» Das kann nur ein Luzerner, eine Luzernerin sagen, denn «rüüdig» für «sehr» ist ein Kennwort für das Luzerndeutsche. Dieses Verstärkungswort hat einen kometenhaften Aufstieg hinter sich. Noch vor gar nicht langer Zeit hiess «rüüdig» etwas ganz anderes, nämlich «räudig, von Krätzmilben befallen, hautkrank»; der vor hundert Jahren erschienene Idiotikon-Wortartikel kennt die heutige Bedeutung noch gar nicht. E...