«Mi Chatz isch schwanger», hörte ich kürzlich im Zug eine jüngere Person erzählen. «Unsere Sprache geht vor die Hunde!», dachte ich mir in diesem Moment. Warum? Nun, in meiner Vorstellung ist unsere Nachbarin vielleicht schwanger, unser Schnurrli hingegen ist trächtig oder eher si treit – und schon bald wird sie wärfe, jüngle oder chätzle und nicht etwa gebäre, ist doch klar. Oder? Dass die sprachliche Trennlinie zwischen Mensch und Tier in diese...
«Mira, chasch goh. Aber pass uf!», sagt der Vater zu seiner Tochter. Entweder heisst die Tochter Mira (mit langem, geschlossenem i ausgesprochen, in den letzten Jahren immer in der Top 100 der beliebtesten weiblichen Vornamen für Neugeborene), oder der Vater ist einverstanden, dass seine Tochter weg will. Im zweiten Fall ist mira nämlich kein Name, sondern ein Adverb, das auch mit kurzem Vokal ausgesprochen wird. Lautliche Varianten davon sind mi...
«Vernünftig, sittsam und bescheiden» nennt der Zürcher Pfarrer Johann Jakob Redinger (1619–1688) in seinem Bericht die Türken, die er 1664 auf seiner Reise im Heerlager in Neuhäusel (heutige Slowakei) antrifft. Sein Ziel ist es, den Grosswesir von der nahenden Endzeit in Kenntnis zu setzen und die Türken zum Christentum zu bekehren. Die Türken standen damals im Kriegszustand an der österreichischen Grenze, nicht zum ersten Mal: Ab Mitte des 14.&n...
Einen Schnaps zum Frühstück? Undenkbar. Auch Mitte des letzten Jahrhunderts, als für den Atlas der schweizerischen Volkskunde eine grossangelegte Materialsammlung stattfand, war Schnaps gemäss den vorwiegend ländlichen Informantinnen und Informanten kein Bestandteil des Frühstücks – aber verbreitet als sogenanntes Vorfrühstück. Mit einem Schnaps oder einem Kaffee Schnaps liess sich der Magen in der Frühe entnüchtern (daher die Bezeichnungen Zetnü...
Mani Matters Hansjakobli schnaagget tifig tifig unter das Taburettli, der Bueb mit Name Fritz rennt so schnäll, dass man ihn gar nicht sieht, beim Boxmatch geits nid gschwing, denn beide Boxer stehen noch im Ring, und in einem anderen Lied singt Matter: Doch muess i ietze hurti höre, s Lob vo dr Fuulheit hie z beschwöre. Tifig, schnäll, gschwing, hurti – nur eine kleine Auswahl von Ausdrücken, die man für hochdeutsch schnell verwenden kann. Weite...
«Geschter bini z Luzärn gsi, hüt gooni uf Bärn und morn bini z Lausanne», spricht eine ältere Zugreisende ins Telefon. «Nei, nei, hinech bini am haubi achti deheime, es het mer scho nächti uf Tagesschou heiglängt», geht es weiter. «Friburg? Dört bini färn gsi, hüür wotti öppis Nöis gseh», erzählt sie weiter. Die umtriebige Rentnerin muss ein GA besitzen. Geschter, hüt, morn, hinech, nächti, färn und hüür. Mit diesen Adverbien strukturiert die Zug...
Wer im Schweizerischen Idiotikon krass nachschlägt, wird wohl ziemlich erstaunt sein: Im Band 3, der im Jahr 1895 abgeschlossen wurde, findet sich unter dem Stichwort krass einzig die befremdende Definition ‘Nachahmung des Geschreis der Raben’. Die Bedeutung wird mit einem Beleg aus Johann Wilhelm Simlers Regentenspiegel aus dem 17. Jahrhundert illustriert, wo zu lesen ist: «Die Raben zu Nichts als krass zu schreien taugen.» Dokumentiert wird dad...
Der Batzen vom Grosi oder vom Götti will am Kiosk gut investiert sein: Wie viele Kaugummis gibts dafür? Oder doch besser ein Heftli? Oder Zuckerschlangen? Oder reicht es für alles zusammen? Dem Rat zum Trotz, sich das Geld einzuteilen, ist der Batzen bei den Kindern meist auf einen Schlag weg. Sein Geld für unnötige Kleinigkeiten auszugeben – die einen würden gar von verschwenden sprechen –, dafür finden sich im Schweizerischen Idiotikon einige W...