Heimlifeiss heisst mi Geiss, lautet im Aargau und im Luzernbiet ein Reim eines alten Kinderlieds, das in vielen Varianten seit dem Spätmittelalter bekannt ist. Das ganze Verslein geht so: Nienegnue heisst mi Chue, Heimlifeiss heisst mi Geiss, Türlistock heisst mi Bock, Rübelhoor heisst mis Schoof, Haberstrau heisst mi Frau, Rüfegrind heisst mis Chind. Das Eigenschaftswort heimlifeiss, das in der Nordostschweiz haamlifaass, im Berner Oberland und ...
-er: gerade mal zwei mickrige Buchstaben sind eine der häufigsten Endungen deutscher Substantive. So klein, dass man sie fast übersieht – aber mächtig, wenn es um die unterschiedlichen Bedeutungsaspekte geht, die diese Silbe ausdrücken kann. Zwei Hauptfunktionen dominieren. Einerseits dient -er dazu, Einwohner- und Herkunftsbezeichnungen zu bilden: Ein Basler wohnt in Basel oder kommt von dort (und die Baslerin ist zumindest sprachlich ihrerseit...
Schweizerdeutsch kennt für die Jahreszeit, die dem Winter folgt, drei Worttypen: erstens Uustag oder Huustage, zweitens Langsi oder Lanzig und drittens Früelig oder Früejoor. Verbreitung Im modernen Schweizerdeutsch hat sich der Früelig weitgehend durchgesetzt. Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigte sich ein ganz anderes Bild: Langsi galt im Walliser Goms, in Pomatt, Gurin, Uri sowie verbreitet bei den Bündner Walsern, und Lanzig s...
Werfen Sie an der Fasnacht mit Süssigkeiten um sich? Kaum; sicher werfen auch Sie Konfetti. Bonbons werden nur bei Hochzeiten unter die Hochzeitsgesellschaft und umstehende Zaungäste geworfen. Und doch geht der Brauch des Konfettiwerfens auf Süssigkeiten zurück: Konfetti ist nämlich nichts anderes als das italienische Wort confetti, das wiederum identisch ist mit Konfekt «Zuckerbackwerk». In dieser Form und Bedeutung ist das Wort seit langer Zeit...
Der Fastenperiode gingen schon in alter Zeit ein paar Tage allgemeiner Ausgelassenheit voraus. So ist, wie man im Schweizerischen Idiotikon nachlesen kann, bereits aus dem Basel des 14. Jahrhunderts überliefert, dass die Fasnacht «mit allerlei Mutwillen und Kurzweil, mit unziemlicher Weise und Gebärde, mit Üppigkeit und Völlerei» einhergeht. Neben durchzechten Nächten und ungeheuerlichen Tänzen war es denn auch Brauch, der Völlerei zu frönen...
«Über Geld spricht man nicht, man hat es.» Dieser Spruch drückt das Unbehagen aus, wenn in einem Gespräch die eigenen finanziellen Verhältnisse thematisiert werden sollen. Geld ist in vielerlei Hinsicht ein Tabuthema, zu gross ist die Angst, man könnte von anderen als Grossverdiener, als armer Schlucker, als Neureicher, als von Schulden geplagt, als Geizhals oder als reicher Erbe taxiert werden. Gleichwohl dringt das leidige Thema immer wieder an...
Der Grittibänz ist ein böser Bube, ein Wunder, dass ihn der Samichlaus nicht gleich wieder vom Schmutzli in den Sack stecken lässt: Seine Brüder Grättimaa, Elggermaa, Chläus, Nuejoorjoggel und Hanselmaa hat er rücksichtlos verdrängt. Heute sind sie fast ganz vergessen (lesen Sie dazu hier). Was noch weniger bekannt ist: Auch Schwestern gehörten einst zur Familie, bevor der Grittbänz seinen Siegeszug durch (industrielle) Backstuben und Wohnungen a...
Der 19. November ist der Welttoilettentag. 2011 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen beschlossen, soll er die Anstrengungen unterstützen, gute Sanitäranlagen einzurichten und damit Krankheiten vorzubeugen. Welche schweizerdeutschen Wörter kennen eigentlich wir oder kannten unsere Vorfahren für den Ort, wo wir unsere Notdurft verrichten? Achtung: Das Folgende erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit ... Fangen wir modern an: Am...
«Mira, chasch goh. Aber pass uf!», sagt der Vater zu seiner Tochter. Entweder heisst die Tochter Mira (mit langem, geschlossenem i ausgesprochen, in den letzten Jahren immer in der Top 100 der beliebtesten weiblichen Vornamen für Neugeborene), oder der Vater ist einverstanden, dass seine Tochter weg will. Im zweiten Fall ist mira nämlich kein Name, sondern ein Adverb, das auch mit kurzem Vokal ausgesprochen wird. Lautliche Varianten davon sind mi...
Der deutsche Name des östlichsten Schweizer Kantons ist Graubünden. Das war aber nicht immer so: Frühere Namen waren Churwalchen, Drei Bünde und Rätien. Daran erinnern zum Beispiel der Berggipfel Dreibündenstein ob Chur und die Rhätische Bahn, die durch den Kanton kurvt. Woher kommen diese Namen und warum trägt der Kanton heute ausgerechnet die Farbe grau im Namen, wo er doch in der Eigen- und Fremdvorstellung vorwiegend unter blauem Himmel liegt...
«Vernünftig, sittsam und bescheiden» nennt der Zürcher Pfarrer Johann Jakob Redinger (1619–1688) in seinem Bericht die Türken, die er 1664 auf seiner Reise im Heerlager in Neuhäusel (heutige Slowakei) antrifft. Sein Ziel ist es, den Grosswesir von der nahenden Endzeit in Kenntnis zu setzen und die Türken zum Christentum zu bekehren. Die Türken standen damals im Kriegszustand an der österreichischen Grenze, nicht zum ersten Mal: Ab Mitte des 14.&n...
Bei schwüler Hitze und damit besonders in den Hundstagen, wenn es also brüetig heiss, tüppig, töischtig oder tääschtig ist, laufen die Bremsen oder d Brääme – nur die blutsaugenden Weibchen stechen – zur Hochform auf. Die Bremsen heissen bei uns Brääme oder Breeme, mehr regional auch Braame, Broome, Bromme (Nordschweiz), Brieme (Nordostschweiz) oder Bri(i)me (Sarganserland, Churer Rheintal). Diese Varianten gehen alle auf althochdeutsch brëm...
Mit Feuer spielen ist gefährlich: Leicht steckt man dabei Haus und Hof in Brand. Brennt es lichterloh, ruft man laut füürioo!, um andere zu warnen. Das haben in der Deutschschweiz seit 1973 Generationen von Kindern mit dem Kasperlitheater Füürio, de Zeusli chunnt! gelernt. Früher war das Allgemeinwissen, heute ruft dagegen kaum mehr jemand füürioo. In der Not schreit man Hilfe! (ein Wort, dessen Form die Entlehnung aus der Standardsprache verrät;...
Einen Schnaps zum Frühstück? Undenkbar. Auch Mitte des letzten Jahrhunderts, als für den Atlas der schweizerischen Volkskunde eine grossangelegte Materialsammlung stattfand, war Schnaps gemäss den vorwiegend ländlichen Informantinnen und Informanten kein Bestandteil des Frühstücks – aber verbreitet als sogenanntes Vorfrühstück. Mit einem Schnaps oder einem Kaffee Schnaps liess sich der Magen in der Frühe entnüchtern (daher die Bezeichnungen Zetnü...
So könnte ein Titel lauten, würden die Verfasser der vorliegenden Wortgeschichte «Clickbaiting» nach Art moderner Online-Medien betreiben. Dabei wissen auch wir nicht genau, welche fünf bzw. wie viele Dinge überhaupt Sie über Ortsnamen wissen sollten. Aber wir wissen, dass Zahlen in der traditionell eher zahlenfremden Philologie eine zunehmend wichtige und nützliche Sache sind. Quantitative und computergestützte Forschungsmethoden haben längst Ei...
Was ist der Unterschied zwischen einem Wiib und einer Frau? Kommt auf die Epoche und die Region an: Das mittelhochdeutsche wîp bedeutete schlicht «Frau», ebenso neutral wie der man «Mann», wogegen eine vrouwe eine «Herrin, Gebieterin», jedenfalls eine «Frau von höherem Stand» war. Diese Verhältnisse haben sich in der heutigen Standardsprache verschoben, das Weib ist eine abschätzige Bezeichnung und die Frau das allgemeine Wort für eine «weibliche...
Mani Matters Hansjakobli schnaagget tifig tifig unter das Taburettli, der Bueb mit Name Fritz rennt so schnäll, dass man ihn gar nicht sieht, beim Boxmatch geits nid gschwing, denn beide Boxer stehen noch im Ring, und in einem anderen Lied singt Matter: Doch muess i ietze hurti höre, s Lob vo dr Fuulheit hie z beschwöre. Tifig, schnäll, gschwing, hurti – nur eine kleine Auswahl von Ausdrücken, die man für hochdeutsch schnell verwenden kann. Weite...
Ruodi war mein Grossonkel, Dorotee ist die Cousine meiner Mutter, Rees mein Arbeitskollege, Triine eine stadtbekannte Wirtin und ich bin Tiis. So weit, so eindeutig – Namen helfen uns im Alltag, zielgerichtet und genau von Personen zu sprechen. Wenn ich von Triine erzähle, muss ich nicht wortreich erklären, dass das die ist, die in diesem Restaurant im Norden der Stadt (wie hiess es nochmal?) wirtet. Wer Triine kennt, weiss, von wem die Rede ist....
Jahreswechsel! Letzte Gelegenheit, im alten Jahr doch noch einmal unter den Ersten zu sein! Erste Chance, im neuen zu spät zu kommen! Der Jahreswechsel als Ende und Neuanfang war früher mit verschiedenen Spielereien verbunden, die heute vermutlich mehrheitlich vergessen sind. Wer am 31. Dezember (je nach Region am 1. Januar) zuerst aufstand und in der Stube erschien, war der Stubefuchs oder Stubehund und galt als besonders zuverlässig. ...
Walliser Dialekte sind die exotischsten, da sind sich in der übrigen Deutschschweiz alle einig. Hier gibt es so altertümliche Formen wie gizogu für das in den meisten Dialekten übliche zoge, hier heisst es Hiischer statt Hüüser, dem Vögeli sagt man Vogelti. Zwar gibt es auch andernorts sprachliche Besonderheiten, aber nur im Wallis (und in den Sprachinseln im Piemont und im Tessin, die von dort aus besiedelt wurden) treten sie in dieser Häufung a...
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